Als ich zum ersten Mal von Neurapix und den SmartPresets las, hielt ich es für typisches Marketing-Geschwätz und habe nicht viel darauf gegeben. Und mir stattdessen, wie üblich, erst einmal selbst einen Eindruck verschafft.
“Reduziere deine Bearbeitungszeit in Lightroom um 80%” wird versprochen, erreicht werden soll das mittels künstlicher Intelligenz. Schön, klingt erst einmal nach den typischen Versprechen, die man überall liest. KI ist der aktuelle Hype, den so ziemlich jedes Werkzeug für die Bildbearbeitung anpreist. Mal mehr, mal weniger gut umgesetzt. Aber was bietet hier Neurapix?
Zunächst einmal handelt es sich hierbei um Presets für Lightroom. 9 Stück sind derzeit verfügbar. 3 davon sind kostenlos von Anfang an verfügbar, 6 weitere kann man gesondert erwerben. Die Preise bewegen sich hierbei im Bereich von 100 – 150 €. Sportlich… Die käuflich zu erwerbenden SmartPresets wurden von verschiedenen Fotografen erstellt und werden tatsächlich von den Fotografen verkauft, nicht direkt von Neurapix. Das war überraschend.
Wie funktioniert Neurapix?
Um Neurapix und die SmartPresets nutzen zu können, benötigt man zunächst einen Account. Denn, anders als bei anderen Presets, zahlt man hier zusätzlich zu den Kosten für die Presets auch noch einen Betrag pro bearbeitetes Bild. Das zeigt bereits, dass sich dieses Angebot weniger an den typischen Freizeitfotografen richtet, sondern eher an Berufsfotografen, die mit ihren Aufnahmen Geld verdienen.
Pro Bild werden bei bis zu 1000 Bildern pro Monat zusätzliche 3 Cent pro Bild fällig, ab dem 1001. Bild 2 Cent. Allerdings erhaltet Ihr nach der Registrierung ein freies Kontingent von 1000 Bildern, die Ihr kostenlos bearbeiten (lassen) könnt.
Hinweis: Wer zur Registrierung bei Neurapix den Link nutzt, den ich hier einbette, erhält statt der 1000 kostenlosen Bearbeitungen sogar 1500. Aus Transparenzgründen möchte ich aber auch erwähnen, dass ich dadurch ebenfalls 500 freie Bearbeitungen zusätzlich erhalte.
Nach der Registrierung ladet Ihr Euch das Lightroom-Plugin herunter und installiert es in Lightroom. Das geht, auch dank hilfreicher Video-Tutorials, recht leicht und schnell von der Hand. Im Zusatzmodul-Manager in Lightroom hinterlegt Ihr nun die Anmeldedaten, die Ihr bei der Registrierung erstellt habt und seit damit bereit für den Einsatz des Plugins
Wer jetzt eine spezielle Oberfläche erwartet, wie man sie von anderen Plugins her kennt, wird enttäuscht werden. So etwas gibt es nicht. Stattdessen wählt Ihr die zu bearbeitenden Bilder in Lightroom aus, startet unter “Datei/Zusatzmoduloptionen/Bilder bearbeiten” den Vorgang, definiert einen beliebigen Projektnamen, wählt das zu verwendende SmartPreset aus und mittels “Bearbeitung starten” werden die Bilder an Neurapix übertragen.
Die eigentliche “Bildbearbeitung” erfolgt nicht auf Eurem PC, sondern auf den Servern von Neurapix. Dabei werden die Bilder analysiert und die für die Anwendung des gewählten Presets erforderlichen Einstellungen ermittelt. Nach einiger Zeit (das schwankte in meinen Tests zwischen wenigen Sekunden und bis zu 30 Minuten) erhaltet Ihr dann eine E-Mail mit der Nachricht, dass die Bearbeitung abgeschlossen ist.
Jetzt startet Ihr in Lightroom unter “Datei/Zusatzmoduloptionen/Bilder importieren” den Import und nach kurzer Zeit seht Ihr die bearbeiteten Bilder in Lightroom.
Tatsächlich werden nun nämlich nicht die bearbeiteten Bilder übertragen, sondert lediglich die ermittelten Parameter. Denn anders als andere Plugins modifiziert Neurapix nicht direkt Eure Bilder, sondern liefert als Ergebnis lediglich die Parameter für Belichtungseinstellungen, Color Grading und so weiter. Genau so, wie man es von anderen Presets her kennt. Diese Parameter können im Nachhinein auch wie gewohnt modifiziert und angepasst werden.
Was ist nun so besonders an Neurapix?
Presets anzuwenden ist ja nun keine Besonderheit, das kann Lightroom auch ohne dieses Plugin oder zusätzliche KI. Allerdings ist jedem klar, dass trotz der Verwendung von Presets in der Regel zusätzliche Anpassungen erforderlich sind, um den gewünschten Look zu erzielen. Seien es unterschiedliche Lichtverhältnisse oder Belichtungseinstellungen – Presets sind nur eine Hilfe, aber kein Allheilmittel. Trotz der Verwendung des immer gleichen Presets wird man selten ein identisches Ergebnis für verschiedene Bilder erhalten, wenn man nicht selbst Hand anlegt. Und hier springt Neurapix ein.
Statt immer die gleichen Parameter anzuwenden, wie es bei herkömmlichen Presets der Fall ist, liefert Neurapix je nach Ausgangsmaterial unterschiedliche Parameter, um einen möglichst einheitlichen Look über mehrere Bilder hinweg zu erzielen. Und das tatsächlich sogar ziemlich gut, wie meine Tests zeigen. Es sind kaum noch Anpassungen erforderlich, die meisten Bilder haben im Anschluss schon nahezu perfek den Look, den ich mir von dem jeweiligen SmartPreset erhofft hatte. Gelegentlich musste ich die Belichtung geringfügig anpassen, ansonsten passte es eigentlich fast immer.
Kann man nur gekaufte Presets verwenden?
Nein. Es ist tatsächlich möglich, die KI auf Euren Bearbeitungsstil zu trainieren. Voraussetzung dafür ist, dass Ihr eine ausreichende Menge an bearbeiteten RAW-Dateien zur Verfügung habt, die alle im gleichen Stil bearbeitet wurden. Und “ausreichende Menge” bedeutet hier: 5000 – 6000 Bilder. Diese sendet Ihr nach und nach über das Plugin an Neurapix und wenn genügend Bilder zur Analyse vorhanden sind, kann das Training der KI gestartet werden. Wie lange das genau dauert, kann ich nicht beurteilen, diesen Teil habe ich noch nicht getestet. Allerdings ist es auch nachträglich weiterhin möglich, die KI weiter zu trainieren. Wann immer ihr zusätzliche Anpassungen an den bearbeiteten Bildern vornehmen müsst, könnt Ihr diese Änderungen zum weiteren Training der KI an Neurapix senden. Damit werden Eure Presets nach und nach immer besser und der nachträgliche Aufwand im Laufe der Zeit immer geringer.
Für wen lohnt sich das?
Freizeitfotografen, die nicht ständig den gleichen Look verwenden, werden bei Neurapix eher nicht so viele Vorteile erkennen können. Neurapix richtet sich klar an Fotografen, die regelmäßig viele Bilder bearbeiten müssen und hier eine echte Zeitersparnis erzielen können. Wer schon mal beispielsweise eine Hochzeit fotografiert hat, der weiß, wie viel Zeit er bei der Bearbeitung noch aufwenden musste. Wenn man diesen Aufwand auch nur halbieren kann, hat man schon enorm viel gewonnen.
Es ist somit meines Erachtens auch kein Zufall, dass die meisten verfügbaren Presets tatsächlich von Hochzeitsfotografen stammen. Gemessen an der Zeitersparnis halte ich den Preis von 2 bis 3 Cent pro bearbeitetem Bild auch wirklich für vertretbar. 1000 Bilder komplett selbst bearbeiten oder 30 € dafür ausgeben – die Rechnung ist einfach. Ob es sich in jedem Fall auch für Privatleute lohnt, mag ich nicht beurteilen. Durch die 1000 kostenlosen Bearbeitungen könnt Ihr auf jeden Fall völlig risikolos testen. (Oder, wenn Ihr diesen Link für die Registrierung nutzt, sogar wie bereits oben beschrieben 1500.) So könnt Ihr auf jeden Fall für Euch selbst herausfinden, ob sich der Einsatz lohnt. Oder sogar auch der Kauf des einen oder anderen Presets.
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