Phase One, Hersteller der Software Capture One, ist mir in der Vergangenheit nicht unbedingt dadurch aufgefallen, sich großartig um die Belange der Nutzer zu scheren. Dieser Eindruck mag falsch oder auch nur teilweise richtig sein, ist aber meine Wahrnehmung bislang, unter anderem auch aufgrund reichlich “ungeschickter” Kommunikation.
Ich selbst habe Capture One zeitweise in der preiswerteren Nikon-Edition verwendet. Diese auf einen Kamera-Hersteller beschränkte Variante gab es meines Wissens für Sony, Canon, Nikon und Fujifilm. Letztes Jahr wurde diese preiswertere Version trotz Protesten der Anwender ersatzlos gestrichen. Übrig blieb Capture One Pro. Interessant in diesem Zusammenhang: Mein existierender Lizenz-Key wurde in der Folge zu einer Trial-Lizenz kastriert.
Viele Anwender kauften sich anschließend zähneknirschend die Vollversion. Schließlich musste man hierfür nur einmalig zahlen, erhielt Updates und konnte, wenn man wollte, später mal zu einem geringeren Preis auf eine aktuellere Version upgraden, wie es bei den meisten Software-Herstellern üblich ist. Auch ein Abo-Modell steht seit einiger Zeit zur Verfügung. Aktuell beträgt der Preis 29 € monatlich oder 219 € jährlich. Hier habe ich aber tatsächlich nicht auf dem Schirm, wie sich hier die Preise entwickelt haben.
Für viele Anwender war allerdings der Kauf einer permanenten Lizenz die beste Wahl, schließlich rechnete sich das bereits im zweiten Jahr. Allerdings nur für die Anwender, nicht für den Hersteller. Aus diesem Grund wurde also die Preis- und Update-Politik komplett überarbeitet, wie im Dezember 2022 bekannt gegeben wurde. Die neuen Bedingungen werden ab dem 14.2.2023 gültig sein, trotz massiven Protesten der Anwender. Fühlen sich die meisten doch nun zu einem Abo-Modell genötigt, aufgrund dessen sie oftmals von Adobe zu Capture One gewechselt waren. Diesbezüglich wurde auch ein offener Brief an Phase One gerichtet, den aktuell über 500 Fotografen unterschrieben haben.
Vor ein paar Tagen nun hat Capture One das angekündigte Loyalty-Programm in einem Blogpost veröffentlicht, wodurch in meinen Augen das komplette Lizenzprogramm nur noch unübersichtlicher wird. Wahrscheinlich in der Hoffnung, damit jetzt noch mehr Anwender für das Abo-Modell “begeistern” zu können.
Wie sieht das “Treue”-Programm aus?
Zunächst einmal wird die Einmal-Lizenz massiv beschnitten. Wer diese erworben hat, erhält nun maximal 1 Jahr lang noch Sicherheitsupdates. Keine neuen Features oder dergleichen, nur Fixes. Neue Features sind ausschließlich Abonnenten vorbehalten, oder man kauft sich die neue Version. Die Meldungen im vergangenen Jahr ließen vermuten, dass hierfür dann jeweils wieder der volle Preis zu entrichten wäre, was für einen Teil der Aufregungen verantwortlich war. “Keine vergünstigten jährlichen Upgrades für Besitzer der unbefristeten Lizenz” war die Aussage, die nun zum Teil auch so bestätigt wurde. Es wurde jedoch ein Treue-Programm angekündigt und vergangene Woche im Detail erläutert.
Für Besitzer der Einmal-Lizenz gelten nun folgende Upgrade-Rabatte, abhängig davon, wie lange man diese Lizenz bereits besitzt:
- weniger als 12 Monate: 40 Prozent Rabatt auf die neueste unbefristete Lizenz oder das erste Jahr eines Jahresabonnements
- 12 bis 24 Monate: 20 Prozent Rabatt auf die neueste unbefristete Lizenz oder das erste Jahr eines Jahresabonnements
- länger als 24 Monate: Kein Rabatt für eine neue unbefristete Lizenz, dafür aber 20 Prozent auf das erste Jahr eines Jahresabonnements
Nehme ich also jedes Jahr das Upgrade mit, erhalte ich in der Regel 20-40 Prozent Rabatt. Lass ich 2 Updates aus, dann zahle ich also wieder den vollen Preis.
Für Abonnenten, die ihr Abo kündigen, gibt es zudem Rabatte für den Erwerb einer unbefristeten Lizenz (mit allen oben genannten Einschränkungen), abhängig von der zurückliegenden Laufzeit des Abonnements.
- länger als 1 Jahr Abonnent: 20 Prozent Rabatt
- länger als 2 Jahre Abonnent: 40 Prozent Rabatt
- länger als 3 Jahre Abonnent: 60 Prozent Rabatt
- länger als 4 Jahre Abonnent: 80 Prozent Rabatt
- länger als 5 Jahre Abonnent: Kostenlose unbefristete Lizenz
Die Begeisterung über dieses “Treue”-Programm hält sich bei den Anwendern ebenfalls in Grenzen. Zu teuer, zu unübersichtlich, Treue wird zudem nicht belohnt, sondern bestraft. Gut, letzteres kann ich nicht ganz so nachempfinden, je größer die Versionssprünge eines Upgrades, umso teurer ist in der Regel auch bei anderen Herstellern der Upgrade-Preis. Aber insgesamt verstehe ich den Unmut angesichts dieser massiven Änderungen. Er erinnert mich tatsächlich an die Reaktionen, als Adobe komplett auf das Abo-Modell umstellte. Allerdings, und auch das muss man anmerken, bei Adobe erhalte ich mehr fürs Geld. Hier kann ich für nicht einmal die Hälfte des Preises (11,89 €/Monat) Lightroom und Photoshop nutzen, bei jährlicher Zahlung für nur 141,94 €/Jahr. Das soll jetzt nicht als Werbung für Adobe verstanden werden, sondern ist schlicht eine Feststellung.
Ich bin gespannt, ob der Plan für Phase One aufgehen wird. Schließlich hat man in der Vergangenheit viele Anwender gewonnen, die vor dem Abo-Modell von Adobe geflüchtet sind. Ich bin mir nicht sicher, ob diese nun ein Abonnement akzeptieren, nur weil es ein anderer Hersteller ist. Auch wenn, zugegebenermaßen, Capture One einige Dinge (noch) besser macht als Lightroom.
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