Ich hatte bereits im Februar bei Robert Kneschke gelesen, dass er Links zu seinen Bildern in einer Datenbank gefunden hatte, die zum Training von KI wie beispielsweise Stable Diffusion verwendet wird. Festgestellt hatte er das durch eine Suche bei “Have I Been Trained?“. Hier kann man recherchieren, ob eigene Fotos in der von einem Verein kostenlos bereitgestellten Datenbank enthalten sind.
Die Datenbank enthält nach Angaben des Vereins Links zu Fotos im Internet, die verschlagwortet wurden bzw. eine Beschreibung des jeweiligen Bildes enthalten. Wer eine KI trainieren will, kann auf diese Datenbank zurückgreifen und hat auf diese Weise eine enorm große Auswahl an Trainingsdaten.
Robert Kneschke bat in einer E-Mail den Verein um die Löschung seiner Werke aus der Datenbank. Oder richtiger: Um die Löschung der Links zu seinen Bildern. Und erhielt prompt eine Antwort vom Anwalt des Vereins, der einerseits die Löschung ablehnte, darüber hinaus auch mit möglichen Schadenersatzforderungen drohte. Das Schreiben des Anwalts hatte Robert im Wortlaut in seinem Blog veröffentlicht. Im März ließ er dem Verein dann eine Unterlassungsforderung inklusive einer Auskunftsanfrage zukommen. Damit wollte er erreichen, dass seine Bilder aus der Datenbank gelöscht werden und er Auskunft darüber erhält, in welchem Umfang seine Werke genutzt wurden.
Ende April erhielt er als Antwort jetzt tatsächlich die angedrohte Schadenersatzforderung. Knapp 900 Euro soll er zahlen, als Streitwert wurden 9000 € angegeben. Gegen diese Forderung wehrt er sich nun gerichtlich.
Natürlich bin ich gespannt, wie sich dieser Fall weiter entwickeln wird. Ich bin ein großer Fan von KIs, auch wenn ich oft eher mit KIs wie ChatGPT oder Stable Diffusion herumspiele, als wirklich damit zu arbeiten. Ich sehe aber hierin durchaus Optionen für die Zukunft und will informiert bleiben. Trotz allem kann ich aber vollkommen nachvollziehen, wenn Fotografen oder auch Schriftsteller nicht wünschen, dass ihre Werke als Trainingsmaterial herhalten sollen. Die Gründe dafür sind tatsächlich auch nebensächlich, dem Urheber steht frei zu entscheiden, wie seine Werke verwendet werden dürfen. Vollkommen egal, ob mögliche Bedenken gerechtfertigt sind oder nicht.
Jedem ist natürlich klar, dass eine KI (derzeit) nicht dazu in der Lage ist, die für das Training verwendeten Bilddaten 1:1 zu replizieren. Was aber durchaus möglich ist: Bilder im Stil eines bestimmten Fotografen zu generieren.
Wenn man mal von der Qualität des Ergebnisses meines schnellen Tests absieht, so wird doch sicherlich deutlich, worauf mein Prompt in diesem Fall abzielt. Mit diesen Ergebnissen lässt sich sicher niemand täuschen, aber mit etwas mehr Feinschliff und Optimierung des Prompts könnte ich unter Umständen Bilder generieren, die denen von Annie Leibovitz täuschend ähnlich sehen. Selbst wenn man, wie ich, im Prompt den Namen falsch schreibt. Und wir dürfen nicht vergessen, dass wir gerade erst die Anfänge dieser Entwicklung erleben. Also durchaus nachvollziehbar, wenn ein Fotograf nicht wünscht, dass seine Bilder als Trainingsdaten herhalten sollen.
Eine rechtliche Bewertung des Falls steht mir nicht zu, ich bin zudem mangels Kenntnis der Rechtslage dazu auch nicht in der Lage. Hier kann lediglich mein Bauchgefühl herhalten und das, was man so im Laufe der Jahre erlebt und gelesen hat. Daher sagt mir mein Gefühl, dass das Vorgehen des Vereins nicht korrekt sein kann. Die Argumentation beispielsweise erinnert mich stark an die Argumentation von Foren und Portalen, die auf Raubkopien von Filmen oder Software verlinken. Das Argument war stets: Wir bieten nichts zum Download an, wir verlinken lediglich. Dennoch wurde und wird gegen solche Seiten mit großem Aufwand vorgegangen. Wo genau ist hier der Unterschied? In beiden Fällen sprechen wir über eine Datenbank mit Links.
Ich bin zudem auch überhaupt kein Freund von Opt-Out, wie es für diese Zwecke diskutiert wird. Es hat sich irgendwie eingebürgert, dass bei neuen Themen erst einmal wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass bestimmte Daten verwendet werden dürfen, wenn man nicht ausdrücklich widerspricht. Das Gegenteil sollte als Grundsatz gelten: Wenn ich nicht ausdrücklich und aus freiem Willen zustimme, sind die Daten tabu, ohne Diskussion und Hintertür. Es wird dann gern argumentiert, dass dann ja kaum jemand aus freien Stücken seine Daten, welcher Art auch immer, zur Verfügung stellen würde. Ja dann ist das so, lebt damit! Dann ist Euer Ansatz falsch, dann überzeugt Menschen, Euch die Daten zur Verfügung zu stellen. Schafft Vertrauen. Aber bedient Euch nicht einfach, nur weil es da ist. Es hat ja niemand widersprochen… Seit wann muss ich explizit an meine Tür schreiben, dass niemand in meine Wohnung kommen darf und meinen Fernseher benutzen kann, nur weil er da ist?
Es gibt wohl gewisse Ausnahmen, die die Forschung betreffen. Da bin ich nicht ganz auf Stand, meine aber, so etwas gelesen zu haben. Und damit wäre ich dann tatsächlich sogar auch einverstanden, es wäre fatal, die Forschung zu behindern. Trotzdem darf das nicht grenzenlos gelten und dann, wenn die Daten öffentlich verwendet werden können (auch wenn, wie im Fall der diversen KI-Anwendungen, nur indirekt) oder gar Geld damit verdient wird, ist es aus meiner Sicht keine Forschung mehr. Interne, nicht-öffentliche Forschung geht klar, können die Daten aber (ob kostenlos oder -pflichtig) von jedem genutzt werden, ist es damit vorbei.
Für mich persönlich würde es tatsächlich auch kein Problem darstellen, einen Teil meiner Bilder via Opt-In zur Verfügung zu stellen. Ich würde hier aber sehr genau selektieren, was ich zur Verfügung stellen möchte. Und ich vermute, viele Fotografen denken wahrscheinlich ähnlich. Oder?
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