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Dies und das

KI in der Bildbearbeitung – Gefahr oder Segen?

Spätestens seit Midjourney, Stable Diffusion und Adobe Firefly wird die Gefahr manipulierter Bilder wieder heiß diskutiert. Erst recht, seit mit Features wie “Generatives Füllen” die KI Einzug in die Bildbearbeitung genommen hat. Dürfen wir unseren Augen noch trauen oder werden wir nun von einer wahren Flut manipulierter Bilder überschwemmt? Von Deep Fake will ich gar nicht erst anfangen.

Die Gefahr

Natürlich stellen manipulierte Bilder oder Bilder mit einer manipulierten Bildaussage eine Gefahr dar. Aber nicht erst seit der Verfügbarkeit von KI-Bildgeneratoren, sondern schon viel länger. Und wer jetzt glaubt, mit Photoshop hätte die Bildmanipulation begonnen, der irrt gewaltig. Bilder werden schon viel länger verändert, um einen bestimmten Eindruck zu vermitteln.

Wenn ich eine Person auf einem Bild schlanker oder jünger erscheinen lasse, die Haut glätte und Falten glatt bügle, dann ist das zunächst erst einmal nicht unmittelbar gefährlich. Dass es bei Veröffentlichung der Bilder zu einer Gefahr werden kann, weil ein bestimmtes Schönheitsideal bedient und verstärkt wird, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt. Eine unmittelbare Gefahr entsteht auf der anderen Seite, wenn Bilder zum Beispiel als Beweis für etwas herhalten sollen. Wird hier manipuliert, dann kann unmittelbar Schaden entstehen. Sei es, weil ich einer Person eine Waffe in die Hand retuschiere, sei es, dass ich einen Politiker neben bestimmte Personen stelle – es gibt sehr viele Möglichkeiten, auf diese Weise jemandem zu schaden. Oder eine Person auch fälschlicherweise zu entlasten.

Wie im 2. Absatz bereits angemerkt, sind diese Möglichkeiten alles andere als neu. Bereits zu Zeiten von Fotopapier wurde manipuliert, es wurde ausgeschnitten, zusammengeklebt, abgewedelt und nachbelichtet und zur Not auch von Hand eingezeichnet oder -gemalt. Selbst die Wahl eines Bildausschnittes kann bereits manipulativ sein. Wie auch in vielen anderen Lebensbereichen hat die Digitalisierung diese Möglichkeiten nur vereinfacht. Im Grunde konnte man auch Fotografien noch nie so wirklich vertrauen. Es war nur den wenigsten bewusst.

Also alles kein (neues) Problem?

Auch wenn Bildmanipulationen nun keine so frische Entwicklung sind, so kann man die Entwicklung trotzdem nicht als völlig unproblematisch sehen. Allerdings beobachte ich hier tatsächlich völlig gegensätzliche Entwicklungen. Einmal erlebe ich die Menschen, die jedem Foto bedingungslos vertrauen. Wurde fotografiert, also ist es passiert. Das komplette Gegenteil sind die Menschen, die grundsätzlich jedem Foto misstrauen und bei jedem Bild Manipulationen “erkennen”. Vornehmlich natürlich bei den Bildern, die dem eigenen Weltbild oder der eigenen Meinung widersprechen.

Zwischen beiden Extremen befindet sich allerdings eine immer größer werdende Gruppe von Menschen, die zumindest ein relatives gesundes Misstrauen an den Tag legen. Nicht jedem Bild blind vertraut, aber auch nicht jedes Foto direkt als Fake abstempelt. Wissen, dass Manipulationen möglich sind, hilft ungemein. Und genau dafür sind die Diskussionen rund um Photoshop und generative KI tatsächlich gut. Sie stärken das Bewusstsein, dass Manipulationen möglich sind und sorgen so dafür, genauer hinzuschauen und vielleicht auch mal die Quellen zu prüfen.

Was davon ist echt? Nichts! Firefly machts möglich.

Ist die KI Schuld?

Wie eigentlich fast immer in der Geschichte der Menschen: Die neue Technologie trägt keine Schuld an negativen Entwicklungen. Es ist immer das, was wir daraus machen. Mal abgesehen von Waffen, da erkenne ich keine positiven Nutzungsmöglichkeiten… Aber wie bereits oben geschrieben: durch neuere, bessere Technologien vereinfachen wir Prozesse und ermöglichen es so mehr Menschen, eine bestimmte Tätigkeit auszuüben. Eine bildgenerierende KI ist eben deutlich einfacher zu bedienen als bspw. Maya oder Cinema 4D. Auch erzielt man deutlich schneller recht ansehnliche Ergebnisse, die Lernkurve ist extrem flach. Wenig verwunderlich, dass mehr und mehr Bilder online zu finden sind, die nicht mehr auf den ersten Blick erkennen lassen, dass sie mithilfe einer KI entstanden sind. Erinnert sich noch jemand an die Bilder der angeblichen Festnahme von Trump? Derartige Bilder findet man heute immer häufiger und leider werden sie eben oft auch in eindeutig manipulativer Weise verwendet.

Auf der anderen Seite werden auch Tools entwickelt, die eine Erkennung derartiger Fakes erleichtern sollen. Schick wäre es, wenn sich derartige Tools in Zukunft direkt im Browser befänden und auf Wunsch eine grobe Wahrscheinlichkeit anzeigen könnten. Denn nicht immer lassen sich KI-generierte Bilder mit einem geübten Auge so leicht erkennen wie das Titelbild dieses Beitrags. Noch schwieriger kann es werden, wenn echte Fotos geschickt mit KI-generierten Inhalten ergänzt werden.

In Wirklichkeit stand da gar kein Baum.

Und wir Fotografen?

Auch wenn ich selbst hier eher gesellschaftspolitisch/-relevant philosophiere, so erlebe ich diese Art von Diskussion im Kreis der Fotografen in meinem Wahrnehmungsbereich eher selten. Natürlich wurden zu der von mir angeschnittenen Thematik bereits umfangreiche Texte verfasst und garantiert werden noch viele folgen. Auch deshalb will ich das hier auch gar nicht bis ins kleinste Detail ausbreiten, ein anderer Grund ist, dass ich mich auch nicht dazu in der Lage sehe, dieses Thema in aller Breite und Konsequenz zu untersuchen und darzustellen. Was mir aber eben auffällt ist, dass die Diskussion unter den Fotografen selbst doch oft eher eine ganz andere Stoßrichtung verfolgt. Auch wenn ich hier wirklich nur über diejenigen sprechen kann, die ich so mitbekomme, lese, höre.

Das größte Problem für einige scheint tatsächlich eher zu sein, dass es mit Werkzeugen wie Generative Füllung und Co. oder KI-Tools im Allgemeinen viel zu einfach wird, Bilder zu bearbeiten. Oder dass wir jetzt nur noch manipulierte Bilder zu sehen bekommen. Dabei ist gerade letzteres im Grunde schon immer der Fall. Kein Bild ist wirklich unmanipuliert, nicht eins. JPG out of Cam? Bereits durch die Kamera-Software manipuliert. Mal mehr, mal weniger stark. Einzig die reine RAW-Datei ist unmanipuliert. Sobald wir sie aber in einen RAW-Konverter laden, wird sie bereits manipuliert, da hier die Rohdaten in Farben umgewandelt werden, wofür jeder RAW-Konverter seine eigene Interpretation nutzt. Verstärke ich den Kontrast, helle ich auf, dann manipuliere ich weiter. Relevant ist in der Regel der Grad der Manipulation. Und da verfolgen verschiedene Fotografen eben unterschiedliche Philosophien. Gerade in der Naturfotografie bekomme ich es häufig am Rande mit, dass Bildbearbeitungen richtiggehend verpönt sind. Einen störenden Zweig weg stempeln? Geht überhaupt nicht! Meiner persönlichen Meinung nach ein wenig elitäres Getue, aber das ist auch nur meine Meinung. In dieser Gruppe der Fotografen werden wir aber ohnehin keine Freunde großartiger Bildbearbeitung finden und auch die KI-Tools sind hier tabu.

Schöne Szene, leider ist nichts davon echt

Anders sieht es da aus, wo schon immer mit Photoshop und Co. auch der letzte Pixel optimiert wurde, um das perfekte Bild zu erhalten. Hier scheint tatsächlich eher die Sorge um neue “Konkurrenz” zu überwiegen. Denn, und hier sehe ich selbst einen echten Nutzen in bspw. Generativem Füllen in Photoshop: verschiedene Retuschen, die in der Vergangenheit etwas aufwändiger waren und vor allem auch Skill und Erfahrung benötigten, lassen sich heute zum Teil wirklich schnell und einfach bewältigen. Ein Haar quer durchs Gesicht übersehen? Schnell mit dem Entfernen-Werkzeug einen Strich gezogen, fertig. Störendes Unkraut am Boden, aber die Location gab nichts Besseres her? Fix mit generativem Füllen Unkraut jäten. Wirklich einfach, vor allem meist wirklich schnell erledigt. Funktionierte vorher auch schon, war aber mit deutlich mehr Aufwand verbunden. Und somit sehe ich für mich den größten Vorteil darin, dass man doch eine ganze Menge Zeit sparen kann. Vor allem, wenn man große Mengen an Bildern bearbeiten muss. Beispielsweise nach Veranstaltungen, Hochzeiten oder ähnlichem. Hier hat man größtenteils nicht die Möglichkeit, die Umgebung perfekt herzurichten und kann der Braut eben nicht mal eben zwischendurch beim Hochzeitstanz die Haare wieder aus dem Gesicht streichen. Genau hier sehe ich die großen Vorteile solcher KI-gestützten Werkzeuge in der Bildbearbeitung. Keine Gefahr, sondern Segen. Wenn es andere dann ebenfalls leichter haben, dann ist das so, warum sollte ich ein solches Tool deshalb verteufeln? Ich empfinde das, was ich tue, nicht als so bedeutend, dass ich es einer kleinen Elite vorbehalten wollen würde. So allerdings erlebe ich manche Aussagen anderer Fotografen und sitze dann nur noch kopfschüttelnd vor meinem Monitor. Aber auch wenn es hier jetzt so klingen mag, als meinte ich einen Großteil – nein, mitnichten.

Es ist schwierig zu sagen, welche Meinung überwiegend vorherrscht, dazu ist doch jeder zu sehr auf eine gewisse Bubble eingeschränkt. Und häufig äußern sich nur die, die stark zu einer bestimmten Richtung tendieren. Das untersuche ich aber auch nicht wissenschaftlich, sondern bekomme hier und da mal Stimmen mit. Ich selbst sehe so etwas schon immer sehr gelassen und freue mich eher, wenn ich aufgrund stetiger Verbesserung meiner Werkzeuge neue Möglichkeiten habe. Ich bin auch viel zu sehr Nerd, als dass ich neue Techniken nicht sofort ausprobieren wollen würde. Und oft feiere ich sie auch ein wenig.

Dass neue Technologien auch immer ein Stück weit neue Gefahren mit sich bringen, ist nichts Neues. Damit müssen wir als Gesellschaft umgehen und an diesem Punkt finde ich Diskussionen über diese Thematik sehr wichtig und nützlich. Solange sie sachlich geführt werden und nicht ins ideologische abdriften. Die Politik hinkt der Entwicklung ohnehin hinterher, KI gibt es eben nicht per Fax. Aber wir als Gesellschaft finden hoffentlich Möglichkeiten und vielleicht wäre es ja sogar hilfreich, wenn wir Fotografen (oder in Zukunft auch “Bildermacher” oder “Prompt-Schreiber”) den Einsatz von KI oder auch einfach nur Bearbeitungen an sich etwas transparenter kommunizieren würden.

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Mirko

Hallo, ich bin Mirko und blogge (mit Unterbrechungen) seit 2004. Ich bin seit 30 Jahren in der IT tätig, kreativer Kopf und Freizeitfotograf mit langjähriger Erfahrung auch im Bereich Design und Bildbearbeitung.

Ich fotografiere aktuell mit meiner Nikon D750, bevorzugt Menschen. Meine erste DSLR war eine Nikon D70, die später durch eine Nikon D300 ersetzt wurde. Bearbeitet werden meine Aufnahmen in der Regel in Adobe Lightroom Classic und Adobe Photoshop. Einfach, weil ich gefühlt schon immer damit arbeite.

Hier möchte ich sowohl meine Fundstücke aus dem Web, als auch meine Erfahrungen oder auch Experimente teilen. Wenn ich über Produkte berichte, dann schreibe ich immer und in jedem Fall meine persönliche Meinung. Es ist nicht möglich, hier positive Beiträge oder Empfehlungen zu kaufen. Auch hier vorgestellte Produkte sind, sofern im Beitrag nicht anders gekennzeichnet, aus eigener Tasche bezahlt und nicht gesponsert.

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