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Dies und das

Vorsicht vor Fototapeten

Recht
Bildquelle: Tiko/Adobe Stock

Stellt euch vor, ihr fotografiert im Kundenauftrag zum Beispiel in dessen Wohnung. Sagen wir: Der Kunde möchte ein paar schöne Porträts und wünscht sich Aufnahmen in seiner Wohnung. In der Wohnung hat er eine Wand mit einer Fototapete, die ein Mauerwerk zeigt. Die findet er so toll, dass er gern davor fotografiert werden möchte. So weit nichts Ungewöhnliches.

Stellt euch nun mal weiter vor, die Bilder sind so toll geworden, dass ihr eins davon im Portfolio auf eurer Website veröffentlicht, mit der ihr für eure fotografischen Dienstleistungen werbt. Und vielleicht auch noch auf Instagram, Facebook. Und plötzlich flattert euch die Abmahnung eines Anwalts ins Haus, der im Auftrag eines Fotografen zudem Schadenersatz für die unrechtmäßige Nutzung seines Werkes fordert. Undenkbar?

Leider nein.

Heise berichtet in diesem Beitrag von 2 Fällen, in denen ein ähnlicher Sachverhalt wie oben beschrieben zur Abmahnung und sogar zum Urteil eines Gerichts führte. Und mit ein klein wenig Recherche stößt man auch schnell auf weitere Fälle und Berichte, um mal nur 2 Beispiele zu verlinken. Es scheint also tatsächlich häufiger zu geschehen, als man annehmen würde. Und nicht nur Fototapeten im Hintergrund können Stein des Anstoßes sein. Auch an den Wänden hängende Bilder, Kunstwerke im Raum, erkennbare Buch- und CD-Cover können euch das Leben schwer und die Brieftasche leichter machen.

Juristen kritisieren diese Auslegung des Urheberrechts. Und auch meine (laienhafte) Rechtsauffassung findet diese Auslegung komplett überzogen, selbst angesichts der Tatsache, dass ich selbst fotografiere und die Arbeit, die zu einem guten Foto führt, recht gut einschätzen kann. Denn nicht nur Fotografen, von denen man vielleicht erwarten kann, dass sie zumindest grob zum Thema Urheberrecht informiert sind, sind von solchen Abmahnungen betroffen. Die beschriebenen Fälle betreffen Personen, die überhaupt nicht künstlerisch tätig sind. Niemals wären sie auf die Idee gekommen, mit einem vollkommen legal erworbenen Produkt, das nur den Raum schmücken sollte, das Urheberrecht zu verletzen.

Für uns als Fotografen kann das nur eins bedeuten: Entfernt alles aus dem Bild, was kritisch sein könnte. Ja, das kann auch Möbel betreffen. Denn Hand aufs Herz: Wer hat schon die Zeit und die Möglichkeiten, alle Eventualitäten zu recherchieren? Wie sollte man feststellen können, wer eventuell irgendwelche Rechte an einem Objekt haben könnte? Im Fall der Fototapeten war meines Wissens auch der Urheber beim Kauf gar nicht erkennbar, ebenso wenig der Umfang der Nutzungsrechte. Was, laut Gericht, aber keine Rolle spielt. Dabei ist meiner Auffassung nach gerade bei Fototapeten davon auszugehen, dass sie in irgendeiner Form im Hintergrund in einem Foto auftauchen können und auch auf Social Media landen. Denn wenn etwas tausendfach verkauft wird, dann wird genau das irgendwann passieren.

Ich wünsche mir, dass hier beim Urheberrecht endlich mal nachgebessert wird. So etwas wie “fair use” gibt es in Deutschland leider nicht. Auch wenn ich nicht sicher bin, ob das in diesem Fall gegriffen hätte. Aber genau diese Unsicherheit ist das Problem. Die Allgemeinheit weiß gar nicht, was alles nicht zulässig ist oder sein soll. Was darf ich mit den Dingen tun, die ich gekauft habe? Besitze ich sie wirklich oder nur ein eingeschränktes Nutzungsrecht? Umfasst das auch Fotos oder sind diese davon ausgeschlossen? Natürlich schützt Unwissenheit nicht vor Strafe. Aber sollte dann nicht durch eindeutige, unmissverständliche und klare Regeln endlich Rechtssicherheit geschaffen werden? Denn wie wir an den hier verlinkten Beispielen sehen: Selbst Juristen sehen das komplett unterschiedlich. Das ist allerdings doch recht häufig der Fall.

Mirko

Hallo, ich bin Mirko und blogge (mit Unterbrechungen) seit 2004. Ich bin seit 30 Jahren in der IT tätig, kreativer Kopf und Freizeitfotograf mit langjähriger Erfahrung auch im Bereich Design und Bildbearbeitung.

Ich fotografiere aktuell mit meiner Nikon D750, bevorzugt Menschen. Meine erste DSLR war eine Nikon D70, die später durch eine Nikon D300 ersetzt wurde. Bearbeitet werden meine Aufnahmen in der Regel in Adobe Lightroom Classic und Adobe Photoshop. Einfach, weil ich gefühlt schon immer damit arbeite.

Hier möchte ich sowohl meine Fundstücke aus dem Web, als auch meine Erfahrungen oder auch Experimente teilen. Wenn ich über Produkte berichte, dann schreibe ich immer und in jedem Fall meine persönliche Meinung. Es ist nicht möglich, hier positive Beiträge oder Empfehlungen zu kaufen. Auch hier vorgestellte Produkte sind, sofern im Beitrag nicht anders gekennzeichnet, aus eigener Tasche bezahlt und nicht gesponsert.

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