Stellt Euch einmal vor, Ihr baut ein Haus. In Eurer Freizeit, natürlich mit allen Euch zur Verfügung stehenden hochwertigen Materialien und Werkzeugen, Ihr bringt auch Eure komplette Erfahrung mit ein. Es soll ja ein schönes, stabiles Haus werden. Aber Ihr baut das Haus komplett kostenlos, keinen einzigen Cent wollt Ihr dafür, weil Ihr mit dem Haus jemanden unterstützen wollt. Ihr könnt nun mal Häuser bauen und das ist Eure Möglichkeit, anderen zu helfen. Eure einzige Bedingung: Ihr wollt, dass Euer Name unten klein neben der Haustür steht. Mehr nicht. Und jetzt kommt jemand, für den das Haus gebaut wurde und verlangt, dass Ihr Euren Namen schleunigst wieder entfernt. Denn das Haus hättet Ihr ja einzig und allein nur gebaut, damit Ihr mit Eurem Namen, der da ganz klein unten neben der Haustür steht, Werbung für Eure Häuser macht und überhaupt wollt Ihr ja nur Geld verdienen. Und wenn ihr den Namen nicht entfernt, dann müsst ihr eben damit leben, dass derjenige, dem das Haus helfen soll, eben nicht in das Haus einzieht.
Irrsinn? Balla balla?
Halten wir diesen Gedanken mal kurz fest …
Natürlich ist das da oben eine fiktive Geschichte. Zumindest fast. Wir reden hier selbstverständlich über Fotos, was auch sonst. Und ich rede hier über die Initiative einer Frau, Jacky. Sie ist ein riesiger Tierfreund und hat irgendwann festgestellt, dass in Tierheimen und Pflegestellen Hunde leben, die einfach kein Zuhause finden. Und für sich erkannt, dass es eben unter anderem auch daran liegen könnte, dass diese Hunde oftmals nicht ganz so optimal präsentiert werden. Handy-Schnappschüsse, mal eben beim Gassi-Gehen geschossen und hochgeladen – ihr kennt das. Und Jacky hat sich gedacht, dass man das vielleicht ändern könnte, indem sich jemand mit ein wenig Kameraerfahrung etwas Zeit nimmt und die Hunde angemessen porträtiert.
Jetzt ist Jacky natürlich nicht in der Lage, ganz Deutschland zu bereisen und alle Pflegestellen und Tierheime abzuklappern, um jeden Hund zu shooten. Also hat sie ein Netzwerk auf die Beine gestellt, in dem sich viele Fotografinnen, Fotografen und Fotobegeisterte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengefunden haben und genau das tun: auf Anfrage/Wunsch von Pflegestellen, Tierheimen und Tierschutzvereinen Fotos der Schützlinge machen, mit denen die Chance auf ein neues Zuhause der Vierbeiner verbessert werden soll. Dieses Netzwerk nennt sich “Fotos für Pfoten” und jeder in diesem Netzwerk arbeitet ehrenamtlich mit. Alle Fotos sind komplett kostenlos, es werden keine Fahrtkosten verlangt, kein Geld für die Shootings oder die Nachbearbeitung. Man bekommt einfach so Fotos der zu vermittelnden Hunde. Darüber hinaus werden die Vierbeiner auch noch durch das Netzwerk auf Instagram präsentiert. Die Fotos sind mit einem Wasserzeichen bzw. der Signatur der jeweiligen Person versehen, die das Bild fotografiert und bearbeitet hat. That’s it.
Und genau an letzterem ziehen sich nun zum wiederholten Male Personen hoch, die sich eigentlich (angeblich?) dem Tierwohl verschrieben haben. Überziehen das Netzwerk bzw. die Gründerin Jacky mit Vorwürfen, all das geschehe ja einzig und allein zum Zwecke der Profilierung, es ginge den Fotografen ja einzig darum, auf diese Weise mehr Geld zu verdienen und Werbung zu machen. Das geht so weit, dass bereits verwendete Fotos wieder von Webseiten entfernt werden sollen, wenn man nicht die Signatur bzw. das Wasserzeichen entfernt.
Irrsinn? Balla balla?
In erster Linie ist einmal festzuhalten, dass allein der Urheber (Fotograf) derjenige ist, der über die Art und den Umfang der Verwendung seines Werkes bestimmt. Wenn dies beinhaltet, dass ein Foto mit einer Signatur versehen veröffentlicht werden muss, dann ist das zu akzeptieren. Natürlich ist dann niemand gezwungen, das Foto zu verwenden bzw. zu nutzen, das steht jedem frei. Aber Bedingungen stellt hier allein der Urheber. Wenn die lautet: So wie ich Euch das Foto zur Verfügung stelle (inkl. Signatur), dann ist das zu akzeptieren und nicht das Gegenteil zu fordern. Selbst eine Entfernung dieser Signatur ist dann nicht zulässig und könnte mit einer entsprechenden Kostennote durch den Fotografen angemahnt werden. Das soll hier nun auch keine Rechtsberatung oder gar ein Aufruf zur Klage sein, ich stelle einfach nur mal die Rechtslage klar. Die aber eigentlich, so möchte man meinen, selbstverständlich sein sollte.
Wir sollten uns das noch einmal ganz langsam auf der Zunge zergehen lassen: Es opfert jemand seine Freizeit, nimmt eine Anreise in Kauf, fotografiert in einer halben Stunde, Stunde oder mehr den oder die Hunde, fährt wieder nach Hause, sichtet, bearbeitet die Fotos. All das, ohne einen einzigen Cent zu verlangen. Und muss sich dann schräg anmachen lassen, weil man sich als Urheber im Bild gekennzeichnet sehen will? Im Netzwerk sind auch diverse Fotografinnen, die mit der Fotografie ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie könnten in dieser Zeit bezahlte Aufträge bearbeiten, stattdessen aber wollen sie Tieren helfen, ein Zuhause zu finden. Und werden dafür dann auch noch mit solch wirren Vorwürfen überzogen.
Mich schockiert die Selbstverständlichkeit und Dreistigkeit, mit der Einzelne Forderungen stellen, unter denen sie ein Geschenk annehmen wollen. Das ja nicht einmal ihnen gilt, sondern ihren Schützlingen. Niemand zwingt irgendjemanden, die Arbeit dieses Netzwerks in Anspruch zu nehmen. Wer die Idee nicht mag, soll es bleiben lassen, alles gut. Aber die klitzekleine Bedingung der Kennzeichnung des Urhebers als großen Aufreger herauszustellen – Null Verständnis. Schon gar nicht, wenn die Arbeit schon getan ist. Mit der gleichen Argumentation müssten diese “Tierfreunde” auch Spenden von bspw. Unternehmen ablehnen, sobald sie eine Spendenquittung wünschen. Denn nach dieser Argumentation spenden die Unternehmen ja einzig und allein, um Steuern zu sparen. Sicher nicht ganz von der Hand zu weisen, aber im Grunde doch eine Win-win-Situation. “Wir haben uns jetzt nachträglich überlegt, dass Sie mit unserer Spendenquittung ja Steuern sparen können. Holen Sie aber mal ganz flott das gespendete Futter wieder ab, so eine Unverschämtheit geht ja überhaupt nicht!”. Ähm, balla balla?
Du bezahlst dafür, für andere Werbung zu machen. Auf Deinem T-Shirt. Deinen Jeans, der Jacke. Auf den Sneakern, den Socken. Die Hundeleine trägt ein Logo, auf dem Halsband ist der Hersteller zu sehen. Dein Smartphone ist mit einem Logo versehen, ob ein angefressener Apfel oder ein kleiner Roboter. Du fährst die Marke Deines Autos spazieren. Mit all diesen Dingen machst Du permanent Werbung und bezahlst auch noch dafür. Und jemandem, der unentgeltlich etwas tut, um anderen zu helfen, soll sein festgeschriebenes Recht vorenthalten werden, seine Arbeit auch als solche zu kennzeichnen? Extrem befremdlich!
Ich persönlich finde die Idee hinter “Fotos für Pfoten” herausragend und bin wirklich beeindruckt, wie viele Tierfreunde sich inzwischen hinter Jacky versammelt haben und Zeit und Bilder beisteuern. Und – das muss ja auch gesagt werden – es wird inzwischen von einer Vielzahl von Pflegestellen, Tierheimen und Tierschutzvereinen gern auf die Unterstützung zurückgegriffen, man schätzt die Arbeit und die Ergebnisse. Denn es gibt durchaus auch schon so manche Vermittlungserfolge zu vermelden, die mindestens zum Teil auch auf eine bessere Präsentation der Vierbeiner zurückzuführen sind. Ich hoffe, Jacky und auch alle anderen im Netzwerk lassen sich durch den hier beschriebenen Unfug nicht die Lust und Freude an dieser Tätigkeit nehmen und helfen auch in Zukunft noch bei so mancher Vermittlung. Ich wünsche es allen. Und ich hoffe, dass auch weiterhin deutlich mehr dankbare und erfreute Stimmen laut werden und das “Balla balla” dauerhaft übertönen.
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